Das Sammelgebiet Belgien
Belgien, ein kleines Land mit großer Geschichte
Karte aus dem Bertius-Atlas von
1618
Die einleitende Überschrift wäre zu
ergänzen: „Belgien, ein Land mit großer
Postgeschichte“! Die
wahrlich bewegte und wechselvolle Geschichte des 1830
gegründeten Königreichs Belgien blieb seit
dem ausgehenden Mittelalter nicht ohne Auswirkungen auf die
postalischen Verhältnisse des Landes.
Das Land war schon seit dem 15. bis hinein in das 20. Jahrhundert als
Spielball der Großmächte stets
Kriegsschauplatz oder Entschädigungsobjekt. Vom
blühenden reichen Burgunderland eines Karl dem
Kühnen über die Herrschaft der Habsburger (Maximilian
I. und Karl V.),der Spanier (Philipp II. ff.), der
Österreicher (Maria Theresia, Joseph II.), der Franzosen
(Napoleon) sowie der Niederländer (Wilhelm I.)
Die gesamte Region zeigte sich schon im Mittelalter als ein
ausgeprägt reiches Land mit den führenden
Handelsplätzen des Kontinents Antwerpen, Gent, Brügge
und Brüssel. Große international tätige
Bank-
und Handelshäuser hatten schon in dieser Zeit dort ihre
Niederlassungen. Allein in Antwerpen zählte
man 1550 über 1000 fremde Handelshäuser und
täglich liefen über 100 Schiffe ein und aus.
Dies alles führte naturgemäß schon in
früher Zeit zu einem besonders regen Briefverkehr, der Dank
der
bestehenden Archive der Nachwelt erhalten geblieben ist.
Postgeschichtlich orientierte Sammler finden hier zu vergleichsweise
moderaten Preisen auch heute
noch ein reiches Betätigungsfeld.
Vorphilatelie – Postgeschichte vor der ersten
Briefmarke des Landes
Unter dem Begriff Vorphilatelie versteht man alle postalischen Belege
und Briefe, die vor dem
Erscheinen der ersten Briefmarken verschickt wurden. Derartige Briefe
trugen anfangs auf der
Anschriftenseite noch keine Vermerke über den Ort der Aufgabe
und auch keine Gebührennotizen.
Erst im 16. Jahrhundert notierte man in Rötel oder Tinte die
Gebühren der Beförderung, die der
Empfänger des Briefes zu tragen hatte. Diese Praxis bot die
beste Gewähr für eine zuverlässige
Zustellung der Briefe. Die gerechte Taxierung am Bestimmungsort
erforderte schließlich eine
äußerlich sichtbare Angabe der Herkunft eines
Briefes, die zunächst handschriftlich und gegen
Ende des 16. Jahrhunderts erstmals und vereinzelt als Zeilenstempel auf
die Vorderseite der Briefe
gelangten. Die ersten Poststempel auf vorphilatelistischen Briefen
Belgiens sind somit weit über
hundert Jahre vor den ersten nachgewiesenen Stempeln in
Preußen verwendet worden.
1707; Portobrief aus der Periode des Spanischen Erbfolgekrieges durch
die Pachtpost Pajot,
die seit 1701 nach französischem Vorbild errichtet wurde. Der
Brief lief von Brügge
(handschriftlicher Herkunftsvermerk "de bruges"). Dieser einfache Brief
ist in Brüssel mit
3 Sols nach dem neuen Generaltarif von 1701 taxiert
worden.
1697;
Portobrief der Taxispost in den Spanischen Niederlanden von Courtray
nach Lille, wo der Brief
mit 2 Patars als einfacher Brief taxiert wurde. Selten ist die sehr
frühe Verwendung des Stempels.
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1713;
Portobrief der für den Inlandsverkehr zuständigen
Botenpost. Der Bote hat diesen von Mechelen nach Courtray getragenen
Doppelbrief mit 4 Stuyver in Rötel taxiert und
rückseitig seine Initialen „GDG“
angebracht. |
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17. Nivose an 3 (6. Januar 1795) Francobrief aus der
französischen Periode von Brüssel nach Menin.
Rückseitige Tintentaxierung von 3 Sols. Beide Stempel sind
nachverwendete Taxisstempel der
vorangegangenen Periode der Österreichischen Niederlande.
25. Messidor an 3 (13. Juli 1795) Dienstbrief der
Administration des Arrondissements Ypres
an den Repräsentanten des Volkes. Der ovale Negativstempel ist
ein Franchisestempel, der zur
Gebührenfreiheit führte. Aus diesem Grund blieb der
Brief untaxiert.
9. Germinal an 11 (30. März 1803); Francobrief
datiert nach dem französischen Revolutionskalender
von Ath im Département 86 nach Mons. Die Port
Payé – Kennzeichnung ist bereits im
Départementstempel enthalten. Zusätzliche
PP-Stempel, überdies mit Verzierung, sind nur
von wenigen Ämtern bekannt und dementsprechend selten.
1818; Francobrief aus der niederländischen Periode
von Kortryk, in der Franzosenzeit Courtray,
nach Brüssel. Francobriefe wurden rückseitig taxiert,
hier mit 4 Décimes noch nach dem alten
französischen Tarif.
1829; Portobrief von Dendermonde (Termonde) nach Lille mit
französischer Tintentaxierung von
6 Décimes für diesen Brief aus dem 2. Rayon der
Niederlande. Lille war auch Grenzpostamt und
stempelte deshalb mit "Pays Bas par Lille“". Die gestempelte
"6" stammt ebenfalls von Lille und
drückt den niederländischen Portoanteil aus.
1848; Portobrief von Soignies über das Austauschamt
Valenciennes nach Rheims mit grünem
Rahmenstempel des fahrenden Zugpostamtes R.FRONT (Rayon Frontiere). Der
Aufgabeort
befindet sich innerhalb einer 30 km – Zone zur Grenze,
für die ab 1848 ein ermäßigtes
Grenzporto eingeführt wurde.
Belgien – Klassik: Die ersten Markenausgaben des
Landes
Die Epaulettes - 1. Juli 1849 -
Am 1. Juli 1849 erschienen die ersten Briefmarken von Belgien, wegen
der markanten
Schulterstücke des abgebildeten Königs Leopold I.
„Epaulettes“ genannt.
Der Entwurf stammt von J. Wiener, die Gravierung wurde von J.H.
Robinson ausgeführt, während
der farbige Kupferdruck im Atelier du Timbre Bruxelles erfolgte.
Es wurden verausgabt: Nr. 1 : 10 Centimes braun, Auflage 5.250 000
Nr. 2 : 20 Centimes blau, Auflage 5.250 000
Das
Papier, das von den Gebrüdern Ollin, Brüssel,
geliefert wurde war handgeschöpft und kommt in
fast kartonartiger Stärke bis ganz dünn vor.
Wasserzeichen 1: Monogramm „LL“ liegend nach links
oder rechts, mit Einfassung.
Beide Werte waren eigentlich für den Briefverkehr im Inland
gedacht: 10 Centimes für eine Strecke unter
30 km, 20 Centimes für weitere Entfernungen jeweils
für einen einfachen Brief bis zu 10 g.
Nr. 1, 2x
als 20-Centimes-Frankatur für einen einfachen Inlandsbrief mit
Beförderungsstrecke über 30 km von Antwerpen nach
Brüssel. |
Nr. 2 als
Doppelstück auf Auslandsbrief von Gent nach Tourcoing in
Frankreich, tarifgerecht mit 40 Centimes frankiert. |
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Die Platten, die in der ersten Zeit zum Druck gebraucht wurden,
bestanden aus 200 Feldern, die durch
einen Mittelsteg von 12 mm Breite in zwei Gruppen zu je 100
Stück ( 10 x 10 ) geteilt waren.
Das Papier wurde zunächst mit den Wasserzeichen versehen;
jedes Markenexemplar mit zwei
verschlungenen Buchstaben „LL“ (liegend) und mit
Linienrechteck als Einfassung ( WZ 1 ).
Nach langer Unklarheit konnte festgestellt werden, dass die
verschlungenen Buchstaben „LL“ vom linken
hunderter Bogen nach rechts – und die vom rechten hunderter
Bogen nach links liegen. Die Köpfe der
Monogramme sind also immer zum Mittelsteg gerichtet. So hat sich die
Möglichkeit eröffnet, beim
bildseitigen Betrachten einer Marke an der Lage des Wasserzeichens zu
erkennen, aus welchem Bogenteil
die Marke stammt. Gleiches trifft auch für die nachfolgend
verausgabten Medaillonmarken mit
Wasserzeichen 1 oder 2 zu. Der gesamte Markenbogen war auch mit
Randwasserzeichen versehen.
Nach dem ersten Abzug der Platte musste durch ungenaue Justierung und
ungleiche Druckbelastung eine
Retusche und Nachgravierung von vielen Marken vorgenommen werden. Dabei
sind Griffelschläge
entstanden, die oftmals auch über mehrere Marken hinweg
reichen und damit den Versuch erleichtern,
Platten zu rekonstruieren und den Nachweis der
Zusammengehörigkeit mehrerer Marken zu führen.
Die Medaillons ---- Nr. 3 – 13; 1849/50 bis 1863
Für den Postverkehr mit dem Ausland wurde einige Monate nach
Erscheinen der Epaulettes
am 17. Oktober 1849 der 40 Centimes-Wert Medaillons mit Wasserzeichen 1
ausgegeben
(Nr.5A). Dieser Wert war vorgesehen für ein Briefgewicht von 7
½ Gramm zunächst für den
Briefverkehr nach Frankreich, ab 15. Februar 1850 nach England und ab
1. Juli 1850 auch
nach Luxemburg und der Schweiz.
Am 10. August 1850 erschienen zwei weitere Medaillons mit Wz 1 zu 10
bzw 20 Centimes
(Nr. 3 u. 4 A).
Das handgeschöpfte Papier kommt in sehr dünner
(Pergament), dünner, mittlerer und dicker
Stärke vor.
Im Februar 1851 sind erneut Medaillonmarken in den Wertstufen 10, 20
und 40 Centimes
ausgegeben worden. Sie wurden mit dem Wasserzeichen 2 (Monogramm LL
ohne
Einfassung) versehen. Die Buchstaben x, y und z bezeichnen die
verwendeten Papiersorten:
x = Pergamentpapier in den Stärken mittel und dünn
y = gewöhnliches Papier der Stärken dick, mittel und dünn
z = geripptes Papier (überwiegend waagerecht)
Bei allen drei Werten variieren die Farben in verschiedenen Nuancen.
Nr. 6, 1 - Centime – Wert als Drucksachen- und Zeitungsmarke am 1. April 1861 ausgegeben.
Nr. 7 – 9 I ( Platte I ) in den Wertstufen 10, 20 und 40 Centimes am 5. Januar 1858 ausgegeben.
Nr. 7 – 9 II (Platte II) in gleichen Wertstufen am 1. April 1861 ausgegeben.
Anfänglich wurden die
Platten der vorhergehenden Ausgabe ( Nr. 3 – 5 A oder B )
verwendet. Diese Platte I enthielt 200 Marken ( 2 x 100; jeweils 10 :
10 ).
1861 kamen neue Platten ( 300 Marken; 2 x 15 : 10 ) in Gebrauch.
Dafür musste das Papier
in anderer Richtung verwendet werden. Da beim Kupferdruck das Papier
befeuchtet wird und
je nach der Verwendung sich dehnt oder zusammen zieht, beträgt
die Größe des
Markenbildes bei den Druckbögen der Platte I 18 : 21 mm, bei
der Platte II 17½ : 22 mm.
Daraus ergibt sich bei Platte I ein breiteres, bei Platte II ein
schmaleres Mitteloval des Markenbildes.
Der 1 – Centime – Wert Nr. 6 war für
Drucksachen vorgesehen und wurde hauptsächlich auf
Streifband verwendet. Die üblichen Entwertungsarten waren der
Einkreis- oder der
Doppelkreisstempel. Die Marke gibt es nur von der Platte II.
Diese ersten gezähnten Briefmarken des Landes wurden in der
Zeichnung der bisher
erschienenen geschnittenen Medaillons am 11. April 1863 ohne
Wasserzeichen in folgenden
Wertstufen ausgegeben:
Nr. 10 A – C, 1 – Centime – Wert als Drucksachen- und Zeitungsmarke.
Nr. 11 – 13 A – C in den Wertstufen 10, 20 und 40 Centimes.
Die Buchstaben A, B und C
bedeuten: A gezähnt 12
½ B gezähnt 12
½ : 13 ½
C gezähnt 14 ½
Die von der Firma Gouweloos erstmals ausgeführten
Zähnungen von Briefmarken sind sehr
schlecht ausgefallen. Deshalb gehören dezentrierte Marken bei
dieser Ausgabe zu einem
völlig normalen Erscheinungsbild.
Übliche Entwertungsart für die 1 – Centime
– Marke war der Kreisstempel ( Ein- oder
Zweikreisstempel ); bei den drei anderen Werten im ersten Jahr nach
Erscheinen der
Balkenstempel und ab 15. April 1864 der Punktrautenstempel.
Belgien – Semiklassik
Markenausgaben des Zeitraumes 1865 bis zu Jahrhundertwende
Der Zeitraum der Markenausgaben nach den Medaillons bis etwa zur
Jahrhundertwende
wird in der Belgienphilatelie häufig auch als semiklassische
Zeit bezeichnet. Frei von
Sonderbriefmarken, dem eigentlichen Ursprung aller negativen
Erscheinungen der heutigen
Philatelie, beschränkten sich die Markenmotive dieser Zeit auf
die Abbildung des Königs
oder dem Staatswappen.
Für den interessierten Sammler mit begrenztem Budget ist die
Tatsache wichtig, dass diese
Marken, wie auch die Klassikausgaben sich für gestempelte
Marken durchweg in einem
preislichen Rahmen der Erschwinglichkeit befinden.
Vielfältige Sammlungsmöglichkeiten bieten sich hier
auf Grund der Farben- und
Zähnungsvielfalt an; auch die Stempelung der Marken sowie die
damit einhergehenden
Nebenstempel bieten ein überaus reiches
Betätigungsfeld.
Die preislich herausragenden Marken dieser Zeit sind die beiden
5-Franc-Werte der Nr. 34,
die aber vergleichsweise moderat gehandelt werden.
Die oben abgebildeten ungestempelten Marken geben einen kleinen
Überblick.
Bemerkenswert sind die Ausgaben mit Anhängsel (hier Nr.
68-70). Die Post wurde in jener
Zeit auch sonntags ausgetragen. Postkunden hatten mit diesen Marken die
Möglichkeit
durch Abtrennen oder Belassen des Anhängsels die
Sonntagszustellung im Interesse der
Wahrung der Sonntagsruhe zu beeinflussen.
Mitte 1894 sind erstmals Briefmarken mit Vorausentwertungen verausgabt
worden. Diese
allein füllen durchaus ein eigenes Sammelgebiet. Sinn dieser
Ausgaben war es, die Post zu
entlasten, in dem für die von großen Firmen
aufgegebene Post mit den vorausentwerteten
Marken keine weitere Bearbeitung (Stempelung etc) anfiel.
Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts
Dieser Zeitraum ist philatelistisch betrachtet sehr interessant.
Insbesondere in der Zeit von
etwa 1915 bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges sind zahlreiche
Sonderbriefmarken
z.T. in relativ sehr geringer Auflage verausgabt worden. Diese
Markenserien, beispielhaft
seien genannt: Aufdruckserie Rotes Kreuz 1918 (Nr. 129-142);
Stahlhelmausgabe König
Albert (Nr. 145-158); Orvalausgabe mit Kronenaufdruck (Nr.235I-243 I);
Kardinal
Mercierserie (Nr.337-341) mit und ohne Handstempelaufdruck;
Orvalausgabe 1933 (Nr. 354-365);
Infanterieausgabe (Nr.342/43) oder die zahlreichen
Wohltätigkeitsausgaben zu Gunsten der
Tuberkulosebekämpfung, die mit sehr ansprechenden Motiven ab
Mitte der zwanziger Jahre
jährlich herausgegeben wurden, sind bei belgischen Sammlern
sehr beliebt.
Man kann sie bei deutschen Händlern oder
Auktionshäusern, gemessen an den beachtlichen
Katalogpreisen, jedoch durchaus zu moderaten Preisen erwerben. Etliche
der genannten
Ausgaben sind gestempelt schwer zu beschaffen, obwohl der Katalogwert
für postfrische
Marken höher angesetzt ist.
Höchstwerte der Ausgabe
für das Rote Kreuz (Nr.141/42);
fälschungsgefährdet !
Höchstwerte der Tbc-Serien von 1928 (Nr. 249), 1933
(Nr. 372) und 1934 (Nr.392) sowie
die Vorderseite eines in dem Zusammenhang verausgabten Markenheftchens.
Höchstwert der Wohltätigkeitsausgabe zu
Gunsten der Trappisten-Abtei Orval
Nr. 243 Durchlochung mit doppelter Zick-Zack-Linie für Marken
dieser Serie, die nach dem offiziellen Endverkaufsdatum
vom Orval – Komitee verkauft wurden.
Rechts
Nr. 243 I mit Aufdruck . Zur Grundsteinlegung der Abteikirche mit einer
Auflage von nur 5000 Sätzen ausschließlich vom Orval
– Komitee verkauft. Dennoch
waren die Marken frankaturgültig.
Block 12 von 1941 zu Gunsten des Wiederaufbaues der Orval -
Abtei
Nachkriegsphilatelie in Belgien
Belgien hat dem interessierten Sammler auch in diesem Bereich eine
beträchtliche Vielfalt
zu bieten.
Das über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannte
Briefmarkenhaus Sieger äußert sich
hierzu: „Belgische Marken haben einen großen Markt
und sind in Franreich und
Deutschland beliebt. Wertnote: 2. Die grafische Gestaltung der Marken
verrät auch heute
noch, dass dieses Land einmal Zentrum der europäischen Kunst
war.“
Belgien, das Land der Comics (Tintin, Lucky Luke) ! Die
jährlich erscheinenden
Jugendmarken sind nicht nur bei den Jungsammlern sehr beliebt.
Comicfreaks und
Thematiksammler kommen hier insbesondere wegen der Darstellung
klassischer
Comicfiguren voll auf ihre Kosten.
Die bewegte Geschichte des Landes sowie die reiche kultur- und
kunstgeschichtliche
Vergangenheit bieten immer wieder Anlass zu neuen Markenausgaben mit
hochwertig und
kunstvoll gestalteten Motiven.
Die Ausgabenpolitik der belgischen Postverwaltung wird z.T. kritisch
betrachtet; hat es doch
mit Stand April 2008 3.826 Markenausgaben und überdies 129
Gedenkblöcke gegeben. Als
unseriös kann man dies jedoch wohl nicht bezeichnen, da die
besondere Fülle von
Ausgabeanlässen dafür ursächlich ist.
Block 25 zum Internationalen Geophysikalischen Jahr
Bahnpost
Ein Teilgebiet der Belgienphilatelie mit herausragender Bedeutung und
beträchtlichem
Umfang ist zweifellos die Bahnpost, zumal Belgien schlechthin zu den
Pionierländern des
Eisenbahnverkehrs zu zählen ist.
Die Bahnpost mit den fahrenden Zugpostämtern (Bureau
Ambulants)
Die fahrenden Zugpostämter sind 1840 erstmalig versuchsweise
auf der Strecke Brüssel –
Antwerpen eingesetzt worden. Der schnelle Ausbau der Eisenbahnlinien,
insbesondere der
von Ostende zur preußischen Grenze über
Brügge, Gent, Mechelen, Löwen, Landen und
Lüttich (1843 fertig gestellt), beförderte auch die
Einführung der ambulanten Bahnpost, die
sich in den vorangegangenen und bis 1850 zügig fortgesetzten
Versuchen zunehmend
bewährt hatte.
Die Aufgabe der fahrenden Zugpostämter bestand darin, die aus
den Bahnhofsbriefkästen
der jeweiligen Strecke entnommen Postsendungen zu bearbeiten, d.h. zu
befördern, auf die
Stationen der Strecke zu verteilen oder die Leitwege fest zu legen.
Vorschriftengerecht bearbeiteter Brief von 1860 Ostende nach
Toulon in Frankreich.
Balkenstempel der Bahnlinie O II (Ouest II = West II) von Gent nach
Mouscron.
Zum umfangreichen Gebiet des Sammelgebietes „Bahnpost in
Belgien“ gehören zweifellos
auch die Eisenbahnpaketmarken. In Sammlerkreisen erfreuen sich diese
Marken keiner all
zu großen Beliebtheit. Wer sich allerdings etwas
näher mit diesem Randgebiet der
belgischen Philatelie befasst wird feststellen, welche Vielfalt im
Aufbau einer derartigen
Spezialsammlung stecken kann.
In Belgien war die Eisenbahn in allen Orten mit Bahnverbindung
für den Paketdienst
zuständig. Zu diesem Zweck wurden ab 1879 Eisenbahnpaketmarken
verausgabt, mit denen
die Pakete auf den Frachtbriefen frei zu machen waren. Die Entwertung
der Marken auf den
Frachtbriefen erfolgte durch rechteckige Bahnstempel, achteckige
Telegraphenstempel oder
auch durch runde Poststempel. Bei der ersten Ausgabe findet man auch
rahmenlose Ein-
und Zweizeilenstempel vor, wie in der nachfolgenden Abbildung gezeigt.
Zur Unbeliebtheit dieser Marken dürfte die Ansicht beigetragen
haben, dass es sich hier
nicht um Postwertzeichen, sondern um Quittungszettel für
Frachtbelege handelt. Dem Druck
dieser Marken ist offenkundig auch nicht die Aufmerksamkeit des Druckes
von Briefmarken
geschenkt worden. So haben sich endlos viele Plattenfehler
eingeschlichen, die nach dem
umfassenden Werk von Erna Grosche den Spezialsammler zu
Rekonstruktionen ganzer
Druckplatten einladen.
Streckenkarte der belgischen Eisenbahn von 1860, aus der die
frühzeitige Dichte des
Eisenbahnnetzes des Landes deutlich wird.
Was es sonst noch so gibt im Sammelgebiet Belgien
Das gesamte Gebiet der belgischen Stempelkunde verdient besondere
Aufmerksamkeit.
Schon in der vorphilatelistischen Zeit gab es in allen Perioden eine
Vielzahl von Stempeln,
die teilweise auch in die Markenzeit hinein weiter verwendet wurden.
Die zahlreichen Formen der verschiedenen Ortsaufgabestempel,
verschiedenen Zwecken
dienende Nebenstempel, Rayonstempel, Grenzübergangsstempel,
Déboursestempel und
nicht zuletzt die Entwertungsstempel der Briefmarken selbst (z.B.
Balkenstempel und
Punktrautenstempel) stellen schon für sich betrachtet ein
eigenständiges Sammelgebiet dar,
das allein vom hohen Anspruch her keine Wünsche offen
lässt.
Stempelvielfalt Vorphilatelie und erste Entwertungsstempel aus
der Markenzeit
Entscheidungshilfen für ein neues Sammelgebiet
Dem Leser dieser Seiten wird auffallen, dass die Vorphilatelie
(Postgeschichte) und die
Klassik/Semiklassik in der Darstellung breiten Raum einnimmt. Das ist
so gewollt und soll
den Betrachter zu der Überlegung anregen, ob dies nicht als
Sammelgebiet für ihn in Frage
kommt.
Der Aufbau einer postgeschichtlichen Sammlung mit vorphilatelistischen
Briefen gestaltet
sich bei vielen Ländern als schwierig, da nur wenig Material
vorhanden ist und überdies
teuer gehandelt wird. Das ist im Falle Belgien nicht so. Gute Belege zu
vertretbaren Preisen
sind bei etlichen auch deutschen Auktionshäusern durchaus
reichlich im Angebot und bieten
die Chance, in einer überschaubaren Zeit ein ansprechendes
Exponat zu gestalten.
Auch für den Aufbau einer traditionellen
Ländersammlung ist Belgien empfehlenswert
Ein Großteil der deutschen Sammler interessiert sich
häufig nur für ein Teilgebiet eines
Landes, z.B. ab 1945.
Warum ist das wohl so ? Die Antwort ist einfach !
Der mittlere Sammler mit begrenztem Budget klammert von vorn herein die
für ihn nicht
erreichbaren Teile seines Sammelgebietes (zumeist der Klassikteil) aus.
Vor diesem
Hintergrund entstehen dann häufig genug eben auch mehr oder
weniger langweilige
„Postfrischsammlungen“, bei denen die wahre
Philatelie auf der Strecke bleibt.
In der Regel kann eine Ländersammlung nur gewinnen, wenn das
Land philatelistisch in
seiner gesamten Breite dargestellt wird. Der Sammler selbst zieht
daraus auch eine weitaus
größere Befriedigung.
Wer sich für das Sammelgebiet Belgien entscheidet, hat diese
Möglichkeit, auch wenn das
Geld für das Hobby nicht so locker sitzt.
Ein Blick in die Kataloge mit einem Vergleich der Preise für
Klassikausgaben der
verschiedensten Länder kann da schnell überzeugen.
Es gibt kaum ein vergleichbares Sammelgebiet, von dem man 160 Jahre
alte Erstausgaben
des Landes einzeln, gestempelt und auch auf Brief so preiswert
zusammenstellen kann.
Größere Einheiten, Mischfrankaturen auf Brief haben
natürlich auch bei den klassischen
Marken Belgiens ihren Preis am Markt. An der grundsätzlich
richtigen Aussage ändert dies
jedoch nichts, denn das ist bei jedem anderen Sammelgebiet auch so.
Wenn Sie ein neues Sammelgebiet suchen, oder
überhaupt mit dem Sammeln von Briefmarken anfangen wollen,
dann denken Sie bitte über diese Anregung nach, denn:
(Verfasser: Jürgen Briese)